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Gudrun Mentel

17.07.20

Was brauchen meine Mitarbeiter?
Motivationsstrategien für den Praxisalltag

Es ist eine dieser Fragen, die sich Chefs oft stellen: wie kann ich meine Mitarbeiter motivieren? Nicht selten bleibt man beim Gehalt hängen oder den steuerfreien Zusätzen, die der Steuerberater empfiehlt. Aber ist es dass, was unsere Mitarbeiter*innen wirklich wollen? Ist es das was sie antreibt in den stressigen Phasen des Praxisalltags? Dass was sie dazu bringt, morgens gut gelaunt die Praxis zu betreten? Und wenn es mal schwierige Phasen gibt – dennoch in der Praxis zu bleiben und sich den Herausforderungen zu stellen?

Nach meinen Erfahrungen ist es nicht das Gehalt (allein), dass sich eine Mitarbeiter*in dauerhaft an eine Praxis bindet und schon gar nicht dafür sorgt, dass mehr als Dienst nach Vorschrift erbracht wird. Ich sage bewusst - nicht allein das Gehalt-, da insbesondere unsere engagierten Nachwuchskräfte jeden Cent gebrauchen können. Vielmehr sind es drei andere Bereiche, an denen Praxisinhaber*innen ansetzen können, um die Zusammenarbeit zu verbessern und aus Mit-arbeiter*innen auch Mit-kämpfer*innen zu machen.

 

1  Der Arbeitsplatz

Die Ausgestaltung eines Arbeitsplatzes sollte dauerhaft die Balance zwischen Über- und Unterforderung gewährleisten. Es ist nicht immer leicht, diesen Unterschied festzustellen, da die Symptome sich sehr ähneln. Nach einer anfänglichen Euphorie und Begeisterung für die Stelle stellen sich vielleicht kleine Fehler ein, Nachfragen werden gestellt und irgendwann nimmt man wahr, dass die Mitarbeiter*in lustlos wirkt. Bei einer Unterforderung passieren diese Fehler aus Langeweile heraus und die Fragen sind oft weitergehender Natur. Bei einer Überforderung stellen sich andere Fehler ein, oft dauern Routinetätigkeiten länger bzw. Fehler werden vertuscht. Die anschließende Sprach- (und Motivationslosigkeit) wird als Motivationstief dann von Dritten wahrgenommen. Insbesondere Leistungsträger sind zu Beginn ihrer Tätigkeit sehr engagiert und wollen sich einbringen, fragen und haken nach. Dieses natürliche Zeichen von Engagement sollte immer aufgenommen werden. Hier hilft z.B. das Konzept einer strukturierten Einarbeitungszeit. In einem klaren Zeitplan wird geregelt, wann und welche Inhalte vermittelt und überprüft werden. Auch wenn berufserfahrene Kolleg*innen in unserer Praxis anfangen – jede Praxis hat andere Abläufe und somit andere Erfordernisse. Lässt man sich als Praxisleitung die Arbeitsergebnisse mehrmals zeigen und gibt entsprechende konkrete Rückmeldungen, so wissen beide Seiten von Anfang an, was der/ die anderer jeweils erwartet bzw. benötigt. Man wächst schneller zusammen und baut ein Gefühl von Vertrautheit und damit Sicherheit auf. Je früher eine Mitarbeiter*in weiß, was konkret von ihr erwartet wird und wie sie dies erreichen kann, desto eher kann sie ihr Leistungspotenzial entfalten. Dies ist einer der wichtigsten Motivatoren überhaupt! Einer der größten Motivationskiller ist es in den ersten Wochen, wenn man sich als „Neue“ alles erfragen und auf die nette und zufällige Unterstützung der Kolleg*innen angewiesen ist. Dies mag zwar auf den ersten Blick zeitsparend sein – in den allermeisten Fällen werden in dieser Zeit z.B. die Grundlagen für die späteren Konflikte innerhalb des Teams gelegt oder die Motivation heruntergefahren.

2  Das Team

Nichts bindet mehr in unserem Praxisalltag als der enge Kontakt zu den Kolleg*innen und zu den Chef*innen. Es ist ein Kennzeichen unserer dentalen Arbeitswelt, dass wir in kleinen Teams und engen Räumlichkeiten arbeiten und damit viel Zeit und Nähe miteinander teilen. Es liegt also nahe, dass man sich nicht so gut aus den Augen gehen kann, wenn es mal schwierig ist. Andererseits hilft diese Nähe auch sich fallen zu lassen oder sich schnell zu unterstützen, da man schnell mitbekommt, wenn es jemanden nicht gut geht. Eine aktive Steuerung des Teammiteinanders ist daher sehr sinnvoll. Klare und definierte Regeln bilden die Basis für ein aufmerksames Miteinander. So nett der „Flurfunk“ sein mag – wenn er zu Kosten der Kolleg*innen geht, darf nicht über abwesende Dritte geredet werden. Hier sind zu Beginn klare Regeln und deren konsequente Einhaltungen wichtig. Auch dies mag zunächst zeitraubend sein – aber dies ist nur auf den ersten Blick und vordergründig der Fall. Ebenso ist der aktive und offene Umgang mit Konflikten ein zentraler Motivator unserer Mitarbeiter*innen. Fühlen sich diese allein und hilflos mit einem Konflikt, entsteht schnell die Bereitschaft, die Praxis zu wechseln. Zu groß ist die gefühlte Hilflosigkeit in einer solchen Situation. Nach meiner Erfahrung ist mangelnde Konfliktlösung einer der Hauptgründe für das Verlassen einer Praxis. Trainings zu Konfliktmoderation helfen hier ebenso wie zeitnahe und umsichtige Gespräche mit den Beteiligten.

3 Die Führungskraft

Ärztliche Vorgesetzte sind in vielerlei Hinsicht besondere Führungskräfte. Fachlich hervorragend ausgebildet, sind sie aber gleichzeitig immer größer werdenden Herausforderungen als Unternehmer und Führungskraft ausgesetzt – und das ohne entsprechende Ausbildung in diesen Bereichen. Dennoch haben sie einen großen Einfluss bei der Gestaltung der Motivatoren ihrer Mitarbeiter*innen. Sich der Wirkung auf andere bewusst zu sein und das eigene Handeln zu reflektieren ist hierfür die Basis. Jede/r Vorgesetzte*r ist Vorbild für die Mitarbeiter*innen – in jeder Hinsicht. Hier hilft es, nach einem Praxistag mal Revue passieren zu lassen: wie habe ich meine Mitarbeiter*innen angesprochen? Welches Thema war es? Habe ich meinen Beitrag zu den Regeln, die mir wichtig sind, geleistet, indem auch ich sie angewandt habe? Habe ich es geschafft, ein Gespräch zu einem Konflikt aktiv zu suchen oder ging es doch im Praxisalltag unter? Habe ich nur den Kontakt zu den Mitarbeiter*innen gesucht, die ich als angenehm und sympathisch fand oder auch zu denen, die mir weniger sympathisch sind und deren Gespräche ich als sperrig empfinde?

Mitarbeiter*innen benötigen klare Regeln, die vorgegeben und auch gelebt werden – insbesondere von den Vorgesetzten. Zudem ist Berechenbarkeit ein wichtiger Baustein in der motivierenden Führung: dies beinhaltet den Austausch und das Feedback mit allen Mitarbeiter*innen zu suchen und gleiche Vereinbarungen mit allen zu treffen. Feedback sollte daher das Verhalten und die Leistung einer Mitarbeiter*in beschreiben (und nicht sie als Person trifft), zudem zeitnah und unter vier Augen gegeben werden.

 

Fazit

Gehalt ist (nicht) alles – auch wenn es nicht unwichtig ist. Langfristige Bindung, hohe Leistungsbereitschaft und Freude an der Zusammenarbeit im Team entstehen aber durch andere Faktoren, die mit kleinem Aufwand und guter Struktur viel bewirken können.